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Eggelhöfer, Fabienne (Hrsg.): Brasil! Brasil! Aufbruch in die Moderne

Kat. Zentrum Paul Klee, Bern
Brasil! – eine eigene moderne Bildsprache

Bei einem Besuch 1961 der neuen Hauptstadt Brasília sah der Philosoph Max Bense (Lehrer 1953 bis 1958 an der Ulmer Hochschule für Gestaltung) in den modernen Bauten von Lúcio Costa und Oscar Niemeyer 1961 das Bollwerk einer westlichen, zumal einer rationalistischen Aufklärung manifestiert. Er schwärmte von der Idee dieser Stadt, die er ana­log zu einem Gesamtkunstwerk wie einen mäch­tigen Speicher technischer und künstlerischer Intelligenz sah, die nicht zufällig, sondern als eine notwendige Darstellung synthetischer Kräfte in einem prospektiven Raum der Zivilisation aufschien. Damit war die Setzung für ein modernes Brasilien aus europäischer Sichtweise gemacht, zumal 16 Jahre nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Sie musste jedoch so sehr Wunschbild bleiben, wie es auch das Selbstbild eines sozial gerechten und multi­eth­nischen Brasiliens geblieben ist. Ein Anlauf zu dieser Utopie einer Brasilianischen Moderne wird in der Semana de Arte Moderna 1922 (Woche der modernen Kunst) gesehen, in der sich eine erste Generation Künstler*innen manifestierte, die mit den Namen Anita Malfatti (1889–1964) oder ­Vicente do Rego Monteiro (1899–1970) verbunden ist. Das genuin Brasilianische dieser ­Moderne, wie es der Schriftsteller Oswald de ­Andrade forderte, sollte die Rolle der »nationalen Identität« werden. In einem Manifest rief er dazu auf, sich die fremde europä­ische Kultur einzu­verleiben, diese zu ­»verdauen« und durch deren Transformation eine ­eigene bra­silianische Kunst zu schaffen. Dazu gehörte für ihn auch das »Verschlingen« der ­indigenen und afro-brasilianischen Kulturen. Den beiden Erstgenannten und weiteren Protagonist*innen, etwa Lasar Segall (1891–1957) oder Tarsila do Amaral (1886–1973), wird heute eine gewisse soziale ­Distanz zur indigenen Bildsprache bzw. zu afro-brasilianischen Ritualen attes­tiert, die erst durch eine weitere, zweite Generation um Djanira da Motta e Silva (1914–1979) oder Rubem Valentim (1922–1991) aufgehoben ­worden ist. Jetzt sorgen all diese Künstler* innen und ihre Werke in einer Ausstellung wie »Foreigners Everywhere« auf der 60. Biennale in Venedig (kuratiert von Adriano Pedrosa) für erhebliches Aufsehen, weil hier eine ganz eigene Bild­sprache zum Tragen kommt, nachdem die ­forma­listische ­Eroberung durch die europä­ische ­Moderne quasi »verdaut« worden war. Und so wie inter­national seit einiger Zeit ein ­starkes ­Interesse unter dem Stichwort Globale Moderne sichtbar wird, sind wissenschaftliche ­Parallelen zu den Fragestellungen der europä­ischen Moderne nicht weniger adressiert wie die poli­tischen, ­gesellschaftlichen und kulturellen Unterschiede. »Brasil! Brasil! – Aufbruch in die ­Moderne« zeigt in der Ausstellung und mit ­dieser umfang­reichen Publikation nun die verschiedenen Wege, wie brasilianische Künstler*innen ihre ­eigene ­moderne Bildsprache entwickelt haben und lässt durch die Präsentation von zehn Positionen ­gleich­zeitig eine Einführung in prägende poli­tische, ­soziale wie wirtschaftliche Umstände zu; zugleich werden die wichtigsten Stationen in ­Literatur, Musik, Design und Architektur thematisch angeschnitten. Ein ­erster Anknüpfungspunkt für einen fruchtbaren ­interkulturellen Austausch bot sich dem Zentrum Paul Klee 2019 durch die von ­Fabienne Eggel­höfer kuratierte Ausstellung »Paul Klee – Unstable ­Balance«, die auf ihrer Tour von Saõ Paulo und Rio de Janeiro nach Belo Horizonte vom brasilia­nischen Publikum mit ­großem Interesse aufge­nommen worden ist.

Ausstellungen:
Zentrum Paul Klee Bern, 7/9/2024 – 5/1/2025
Royal Academy of Arts London, 28/1 – 21/4/2025

Künsterler*innen: Anita Malfatti, Vicente do Rego Monteiro, Tarsila do Amaral, Candido Portinari, Lasar Segall, Flávio de Carvalho, Alfredo Volpi, Djanira da Motta e Silva, Geraldo Barros, Rubem Valentim

Die Ausstellung ist organisiert vom Zentrum Paul Klee, Bern, in Zusammenarbeit mit der Royal Academy of Arts, London


Autor Eggelhöfer, Fabienne (Hrsg.)
Verlag Snoeck Verlagsges.
Einband Kartonierter Einband (Kt)
Erscheinungsjahr 2024
Seitenangabe 296 S.
Meldetext Libri-Titel folgt in ca. 2 Arbeitstagen
Ausgabekennzeichen Deutsch
Abbildungen 200 farbige Tafeln
Masse H27.9 cm x B21.0 cm x D2.5 cm 1'352 g
Brasil! – eine eigene moderne Bildsprache

Bei einem Besuch 1961 der neuen Hauptstadt Brasília sah der Philosoph Max Bense (Lehrer 1953 bis 1958 an der Ulmer Hochschule für Gestaltung) in den modernen Bauten von Lúcio Costa und Oscar Niemeyer 1961 das Bollwerk einer westlichen, zumal einer rationalistischen Aufklärung manifestiert. Er schwärmte von der Idee dieser Stadt, die er ana­log zu einem Gesamtkunstwerk wie einen mäch­tigen Speicher technischer und künstlerischer Intelligenz sah, die nicht zufällig, sondern als eine notwendige Darstellung synthetischer Kräfte in einem prospektiven Raum der Zivilisation aufschien. Damit war die Setzung für ein modernes Brasilien aus europäischer Sichtweise gemacht, zumal 16 Jahre nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Sie musste jedoch so sehr Wunschbild bleiben, wie es auch das Selbstbild eines sozial gerechten und multi­eth­nischen Brasiliens geblieben ist. Ein Anlauf zu dieser Utopie einer Brasilianischen Moderne wird in der Semana de Arte Moderna 1922 (Woche der modernen Kunst) gesehen, in der sich eine erste Generation Künstler*innen manifestierte, die mit den Namen Anita Malfatti (1889–1964) oder ­Vicente do Rego Monteiro (1899–1970) verbunden ist. Das genuin Brasilianische dieser ­Moderne, wie es der Schriftsteller Oswald de ­Andrade forderte, sollte die Rolle der »nationalen Identität« werden. In einem Manifest rief er dazu auf, sich die fremde europä­ische Kultur einzu­verleiben, diese zu ­»verdauen« und durch deren Transformation eine ­eigene bra­silianische Kunst zu schaffen. Dazu gehörte für ihn auch das »Verschlingen« der ­indigenen und afro-brasilianischen Kulturen. Den beiden Erstgenannten und weiteren Protagonist*innen, etwa Lasar Segall (1891–1957) oder Tarsila do Amaral (1886–1973), wird heute eine gewisse soziale ­Distanz zur indigenen Bildsprache bzw. zu afro-brasilianischen Ritualen attes­tiert, die erst durch eine weitere, zweite Generation um Djanira da Motta e Silva (1914–1979) oder Rubem Valentim (1922–1991) aufgehoben ­worden ist. Jetzt sorgen all diese Künstler* innen und ihre Werke in einer Ausstellung wie »Foreigners Everywhere« auf der 60. Biennale in Venedig (kuratiert von Adriano Pedrosa) für erhebliches Aufsehen, weil hier eine ganz eigene Bild­sprache zum Tragen kommt, nachdem die ­forma­listische ­Eroberung durch die europä­ische ­Moderne quasi »verdaut« worden war. Und so wie inter­national seit einiger Zeit ein ­starkes ­Interesse unter dem Stichwort Globale Moderne sichtbar wird, sind wissenschaftliche ­Parallelen zu den Fragestellungen der europä­ischen Moderne nicht weniger adressiert wie die poli­tischen, ­gesellschaftlichen und kulturellen Unterschiede. »Brasil! Brasil! – Aufbruch in die ­Moderne« zeigt in der Ausstellung und mit ­dieser umfang­reichen Publikation nun die verschiedenen Wege, wie brasilianische Künstler*innen ihre ­eigene ­moderne Bildsprache entwickelt haben und lässt durch die Präsentation von zehn Positionen ­gleich­zeitig eine Einführung in prägende poli­tische, ­soziale wie wirtschaftliche Umstände zu; zugleich werden die wichtigsten Stationen in ­Literatur, Musik, Design und Architektur thematisch angeschnitten. Ein ­erster Anknüpfungspunkt für einen fruchtbaren ­interkulturellen Austausch bot sich dem Zentrum Paul Klee 2019 durch die von ­Fabienne Eggel­höfer kuratierte Ausstellung »Paul Klee – Unstable ­Balance«, die auf ihrer Tour von Saõ Paulo und Rio de Janeiro nach Belo Horizonte vom brasilia­nischen Publikum mit ­großem Interesse aufge­nommen worden ist.

Ausstellungen:
Zentrum Paul Klee Bern, 7/9/2024 – 5/1/2025
Royal Academy of Arts London, 28/1 – 21/4/2025

Künsterler*innen: Anita Malfatti, Vicente do Rego Monteiro, Tarsila do Amaral, Candido Portinari, Lasar Segall, Flávio de Carvalho, Alfredo Volpi, Djanira da Motta e Silva, Geraldo Barros, Rubem Valentim

Die Ausstellung ist organisiert vom Zentrum Paul Klee, Bern, in Zusammenarbeit mit der Royal Academy of Arts, London


CHF 65.00
Verfügbarkeit: Am Lager
ISBN: 978-3-86442-439-7
Verfügbarkeit: Libri-Titel folgt in ca. 2 Arbeitstagen

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